Ask the Coach #52 - Zyanidvergiftung durch Vitamin B12?

Ask the Coach #52 - Zyanidvergiftung durch Vitamin B12?

 „Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen zu Training & Ernährung beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier erhältlich. 

Frage: Hallo Wolfgang, ich hab gehört das man durch Vitamin B12 in der Form von Cyanocobalamin ein Zyanidvergiftung bekommen kann. Was ist da dran?

WU: Diese Aussage kenne ich. Sie ist biochemisch jedoch nicht fundiert und zu kurz gedacht.

Vitamin B12 als Cyanocobalamin hat tatsächlich nichts mit der Toxizität von Zyanid zu tun, obwohl es Zyanid in seiner Struktur enthält.

Der Zyanidanteil im Cyanocobalamin ist sehr klein und in einer Form gebunden, die nicht frei oder schädlich ist, wenn sie als Teil des Vitamin B12-Moleküls aufgenommen wird.

Grundsätzlich ist Cyanocobalamin eine von vier Formen von Vitamin B12, die in Nahrungsergänzungsmitteln in der EU zugelassen sind. Diese sind:

  1. Cyanocobalamin: Dies ist die stabilste Form von Vitamin B12 und wird im Körper in die aktiven Formen, Methylcobalamin und Adenosylcobalamin, umgewandelt.

  2. Methylcobalamin: Diese natürliche Form von Vitamin B12 wird vom Körper direkt als Coenzym verwendet und muss nicht erst umgewandelt werden. 

  3. Hydroxocobalamin: Diese Form wird oft in der Medizin für Injektionen verwendet, besonders zur Behandlung von Vitamin B12-Mangelzuständen. 

  4. Adenosylcobalamin: Auch bekannt als Dibencozide, ist diese Form ebenfalls eine bioaktive Form von Vitamin B12, die direkt in bestimmten Stoffwechselwegen verwendet wird.

Neben der Stabilität ist besondere Eigenschaft von Cyanocobalamin ist, das es vom Körper in seine aktiven Formen, Methylcobalamin und Adenosylcobalamin, umgewandelt wird. Was dieses Form quasi zu einer universelleren Form macht.

Diesen beiden Eigenschaft machen Cyanocobalamin in hochwertiger Qualität auch zu einem kostenintensiven Rohstoff.

 

Und die Zyanidvergiftung?

Die Sorge um Zyanidvergiftung im Zusammenhang mit Cyanocobalamin basiert auf dem Verständnis, dass Zyanid an sich hochgiftig ist.

Die Menge an Zyanid, die jedoch im Cyanocobalamin gebunden ist, ist sehr gering und nicht in der Lage, eine toxische Wirkung zu erzeugen, wenn Vitamin B12 in normalen, empfohlenen Dosen eingenommen wird.

Ebenso gibt es vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland keine empfohlene Höchstmenge für Vitamin B12 aus Cyanocobalamin.

Im Gegensatz zu anderen Mikronährstoffen wie Vitamin A, Vitamin D, Eisen, Iod und Selen für diese es Höchstmengenempfehlungen gibt.

 

Wieviel Zyanid ist in Cyanocobalamin?

Wie folgt, das Rechenspiel das eine wichtige Perspektive gibt.

Cyanocobalamin enthält eine Zyanidgruppe, deren Masse etwa 2% des Gesamtgewichts von Cyanocobalamin ausmacht.

Um zu berechnen, wie viel Zyanid in 5 mcg Vitamin B12 aus Cyanocobalamin enthalten ist, kann man folgende Rechnung anstellen:

  1. Das Molekulargewicht von Cyanocobalamin beträgt etwa 1355 g/mol.
  2. Das Molekulargewicht von Cyanid (CN) beträgt etwa 26 g/mol.
  3. Der Anteil von Cyanid in Cyanocobalamin beträgt somit ca. 26/1355 = etwa 0,019 oder 1,9%.

Daher sind in 5 mcg Cyanocobalamin ungefähr 1,9% davon Cyanid, was etwa 0,095 mcg Zyanid entspricht.

 

Toxizität von Zyanid

Die Toxizität von Cyanid variiert stark zwischen Individuen, aber allgemein wird angenommen, dass Dosen von etwa 50 mg oder mehr für einen Erwachsenen lebensgefährlich sein können.

Dies ist wesentlich höher als die Menge, die durch den Verzehr von Cyanocobalamin freigesetzt würde.

Selbst bei der Einnahme von sehr hohen Dosen von Vitamin B12 aus Cyanocobalamin (weit über den normalen Supplementierungsempfehlungen) wäre die Menge an freigesetztem Zyanid sehr gering und nicht annähernd nahe den toxischen Niveaus.

 

Fazit

Kurz gesagt, die Menge an Zyanid, die aus 5 mcg Cyanocobalamin freigesetzt wird, entspricht 0,00019% von 50 mg.

Es ist ein wichtiger Reminder das Toxizität grundsätzlich dosisabhängig ist. Und es erste Rückschlüsse bei näherer, detaillierterer Betrachtung oft ein klareres Bild schaffen.

Ein weiteres Beispiel zu diesem Thema ist die Frage: Ist Vitamin D3 ein Rattengift?

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